Obwohl wir lieber über sein Leben berichten wollen und über das, was er geleistet hat, kommen wir leider nicht umhin, die jüdische Herkunft Manfred Fabers sowie seinen grausamen Tod in Auschwitz zu beleuchten.
Denn zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass Manfred Faber – wie bereits erwähnt – seit 1918 zwar Mitglied im Architekten- und Ingenieurverein war, ihm jedoch aus rassenpolitischen Gründen die Mitgliedschaft ab 1936 verweigert wurde; den Bund Deutscher Architekten verließ er ca. 1925 selber, ohne dass hierfür Gründe bekannt sind. Zumindest im Jahre 1930 war er ebenfalls Mitglied im Deutschen Werkbund, aber sein Antrag auf Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer der bildenden Künste wurde abgelehnt: Seine Karteikarte vermerkt nicht viel, jedoch reichte das Wort „Volljude“ für eine Ablehnung aus (Bild 01).
Die Adresse auf der Karte ist die letzte selbstgewählte Anschrift Manfred Fabers, und somit muss die Ablehnung ab 1935 ausgesprochen worden sein, denn das Haus ist das letzte Bauprojekt gewesen, das er durchgeführt und in dem er selber bis 1942 gewohnt hat.
Diese Tatsachen werfen bei den zu dem Zeitpunkt bereits längst umgesetzten Berufsverboten und Aberkennung der Berufsbezeichnungen für jüdische Mitmenschen sowie weiteren systematisch angewendeten Schikanen viele Fragen auf. Fast verzweifelt wendet sich Wolfram Hagspiel in seinem Werk zu den jüdischen Architekten in Köln hinsichtlich des Hausbaus am Terrassenweg 24 an seine Leserschaft: „Wieso war es Manfred Faber als Juden noch im Jahre 1935 möglich, ein so großes Haus zu bauen? Weshalb investierte er in diese Immobilie und weshalb emigrierte er nicht?“
Auch 1938 wurde noch in den höchsten Tönen von der traumhaften Wohnwelt in der Märchensiedlung gesprochen und geschrieben, obwohl die Welt von Manfred Faber da schon immer mehr ein Albtraum gewesen sein muss. Er wird dennoch 1941-1942 als Eigentümer und Bewohner der Adresse Terrassenweg 24 im Adressbuch genannt, die er allerdings mit vielen „Untermietern“ teilen musste.
Vielleicht betonte er seine jüdische Herkunft nicht vordergründig; vermutlich sah er sich in erster Linie als Deutscher oder, noch viel wahrscheinlicher, einfach als Mensch. Vielleicht nahm er außerdem den aufkommenden Antisemitismus nicht so ernst; eine Haltung, die er in dem Falle mit vielen – jüdischen wie nicht-jüdischen – Menschen geteilt hätte, obwohl in den 1930er Jahren der Nationalsozialismus (auch) in Köln weder zu übersehen noch zu überhören war.
Zwei seiner Schwestern sind in Konzentrationslagern u. U. vor ihm ermordet worden. Hat die Familie bzw. hat Manfred Faber davon nichts gewusst?
Wir werden vermutlich nie wissen, ob die bestehenden, sehr herzlichen Kontakte und Freundschaften zum Ehepaar Wilhelmine und Josef Hanstein, deren bevorzugter Architekt Manfred Faber über Jahre hinweg war, sowie zu seinem Geschäftspartner, Hermann Eberhard Pflaume und vor allem zu dessen Witwe, vielleicht dazu beigetragen haben, den Ernst der Lage zu verkennen? Josef Hanstein wurde wegen einer „allzu großen Juden-Freundlichkeit“ 1942 sogar im EL-DE-Haus inhaftiert.
Hatte Manfred Faber eventuell eine Liebesbeziehung zu Alida Pflaume, die ihn in falscher Sicherheit wiegte? Befürchtete er – angesichts seines Alters – Probleme bei einem beruflichen Neustart in einer neuen Umgebung? Fehlte ihm die finanzielle Grundlage dazu? Es bleiben viele Fragen.
Seine letzte, unfreiwillige Adresse in Köln im Jahre 1942 war die ehemalige jüdische Rheinlandloge, die von dem ebenfalls jüdischen Architekten Robert Stern und Kollegen in den Jahren 1930-1935 modernisiert, renoviert sowie zum „israelitischen Gemeindehaus“ umgebaut wurde und sich an der Cäcilienstraße 18-22 befand (Bild 02-03). Es wurde 1941-42 in ein sogenanntes „Ghettohaus“ umfunktioniert.
Von hier wurde Manfred Faber am 27.07.1942 über Köln-Deutz nach Theresienstadt deportiert und von dort am 15.05.1944 in Richtung Auschwitz verschleppt, was seine Deportationskarte unmissverständlich zeigt (Bild 04). Am 16.05.1944 wurde Manfred Faber mit 64 Jahren in Auschwitz ermordet.
Quelle: Arolsen Archives – httpscollections.arolsen-archives.orgarchive1-1-42-2_11422001p=1&doc_id=4975436 (11.05.2021), © Federation of Jewish Communities in the Czech Republic, Prag
Nach dem Krieg sind zwei Frauen auf der Suche nach Manfred Faber: Irene Klein-Cohen, eine Cousine, im Jahre 1945 und Inge Larsen, eine Freundin, im Jahre 1948. Was ist zwischen dem 27.07.1942 und dem 15.05.1944 passiert? Hat er während seiner Deportation (kurzzeitig) entkommen können? Weist „Disappeared on the way“ darauf hin? Wir werden es nicht wissen, sind aber tief berührt von der Tatsache, dass er vermisst wurde, dass es Menschen gab, die wissen wollten, was mit ihm passiert war.
Wir können die komplette Diffamierung, Demontage und Vernichtung eines erfolgreichen und geschätzten Menschen anhand der wenigen überlieferten Dokumente und Eintragungen genau nachvollziehen. Sein Tod in Auschwitz soll allerdings nicht das Ende unserer Geschichte sein, denn das Leben und Wirken Manfred Fabers stehen im Mittelpunkt.